In der kommenden Woche wird Bombardier auf der Messe Innotrans einen batteriebetriebenen Zug – Talent 3 – vorstellen. Die ewigen Nörgler werden auch das als Luftnummer abtun. Alle anderen sehen, dass sich in diesem Bereich eine unerwartete Dynamik entwickelt. Ab Sommer 2019 soll dieses Modell auf den Strecken Ulm-Erbach und Ulm-Amstetten in Betrieb gehen.
In der aktuellen Version ist der Talent 3 für die Hermann Hesse Bahn wohl nicht interessant. Er kann nur eine Strecke von 40 km mit einer Akku-Ladung zurücklegen und benötigt dann eine 10 minütige Ladephase. Das ist vermutlich zu wenig Reserve für die Strecke Calw-Renningen. Aber bereits die kommende Version, angekündigt für 2019, wird 100 km mit einer Ladung fahren können. Die Ladezeit stellt zudem kein Hindernis dar: der Zug wird über die Oberleitung geladen. Theoretisch könnte er also den Abschnitt zwischen Weil der Stadt und Renningen, sowie die Wartezeit am Bahnsteig und die Strecke zurück von Renningen bis Weil der Stadt zum Laden der Akkus nutzen und würde keine zusätzliche Standzeit benötigen (falls ein Laden während der Fahrt möglich ist). Somit steht mittelfristig eine weitere Möglichkeit zur Ablösung der Dieseltriebzüge zur Verfügung.
Meine persönliche Einschätzung: nicht nur in Deutschland sind große Teile der Bahnstrecken nicht wirtschaftlich mit Oberleitung zu versehen. Der Verbrennungsmotor wird in den kommenden 20 Jahren weitgehend sowohl von der Straße wie von den Schienen verschwinden. Laut Mitteilung von Bombardier ist der batteriebetriebene Zug wirtschaftlicher als ein Dieselzug – es braucht also keinen politischen Druck. Die Bahnbetreiber werden aus betriebswirtschaftlichen Gründen von selber umsteigen. Ein Bahnanbieter, der dieses Marktsegment ignoriert, wird es in Zukunft schwer haben. Deshalb gehe ich davon aus, dass sowohl Alstom wie auch Bombardier den einmal eingeschlagenen Weg konsequent weiter verfolgen werden. Wenn nicht, nun – dann werden wir in 20 Jahren unsere Züge wohl aus China einkaufen. Dort wird die Elektromobilität massiv vorangetrieben.
In Japan ist man auch etwas weiter. Mit der Serie EV-E301 fährt dort schon seit März 2014 ein Zug auf der Karasuyama Line im Mischbetrieb mit Oberleitung und Batterie. Weitere Züge, wie z.B. der Smart BEST (im Testbetrieb) und die BEC819 series „DENCHA“ (im Betrieb sein 2016) sowie der EV-801 (im Betrieb seit 2017), sind in der Weiterentwicklung und in Betrieb. Dort hat man genauso wie bei uns einen großen Anteil nicht-elektrifizierter Strecken. Aber man hat das Problem halt etwas früher angepackt.
So ganz neu ist diese Entwicklung übrigens nicht, wie man anhand des ETA-150, DR 581/582 oder DR 615/616 sehen kann ( Akkumulatortriebwagen ). Leider war die Akku-Technologie zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausreichend weit entwickelt, deshalb sind die Projekte letztendlich irgendwann eingestellt worden. Ich bin gespannt, was die nächsten Jahre bringen werden.